Das Gesundheitswesen in der EU neu gestalten: Maßgeschneiderte Medizinprodukte
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Die Gesundheitsfürsorge in der Europäischen Union (EU) ist im Wandel begriffen, wobei erhebliche Fortschritte in der Medizintechnik zu maßgeschneiderten und wirksamen Behandlungsalternativen führen. Im Mittelpunkt dieses Wandels stehen Sonderanfertigungen, auf den Patienten abgestimmte Geräte und anpassungsfähige Medizinprodukte, die maßgeschneiderte Lösungen für individuelle Patientenbedürfnisse bieten. Dieser Blog befasst sich mit den Feinheiten dieser Produkte, einschließlich ihrer Unterschiede, den besonderen Anforderungen an Sonderanfertigungen, ihrem Konformitätsbewertungsverfahren und den Pflichten der Hersteller.

Was sind maßgefertigte Geräte?

Maßgefertigte Medizinprodukte (CMD) werden auf der Grundlage einer detaillierten ärztlichen Verordnung unter Berücksichtigung der einzigartigen anatomischen und physiologischen Merkmale des Patienten für die spezifischen Anforderungen eines einzelnen Patienten konzipiert und hergestellt.

Beispiele für CMDs sind:

  • Zahnärztliche Geräte
  • Gliedmaßenprothesen
  • Spezielle orthopädische Implantate.

Was sind auf den Patienten abgestimmte Geräte?

Auf den Patienten abgestimmte Geräte, die auch als patientenindividuelle oder maßgeschneiderte Geräte bezeichnet werden, werden mit Hilfe herkömmlicher Schablonen hergestellt, die eine Art Massenproduktion ermöglichen, aber an die spezifischen Bedürfnisse des Patienten angepasst werden. Diese Geräte werden teilweise vorgefertigt, bevor sie an die spezifischen Anforderungen des jeweiligen Patienten angepasst werden.

Gängige Beispiele sind:

  • Unterkiefer-Implantate
  • Platten zur Fixierung eines gebrochenen Knochens
  • Schnittführungen.

Was sind anpassungsfähige medizinische Geräte?

Anpassungsfähige Medizinprodukte sind serienmäßig hergestellte Medizinprodukte, die am Ort der Versorgung traditionell von einem Angehörigen der Gesundheitsberufe gemäß den validierten Anweisungen des Herstellers angepasst, eingestellt, zusammengesetzt oder geformt werden müssen, um den spezifischen anatomisch-physiologischen Merkmalen eines einzelnen Patienten vor der Anwendung zu entsprechen.

Beispiele für serienmäßig hergestellte, anpassungsfähige medizinische Geräte können sein:

  • Bestimmte Brillengestelle und optische Gläser
  • An den Patienten angepasste Rollstühle
  • Hörgeräte.

Unterschied zwischen patientenangepassten/anpassbaren Medizinprodukten und Sonderanfertigungen

AspektMaßgefertigte GeräteAuf den Patienten abgestimmte/anpassbare medizinische Geräte
Grad der AnpassungVöllig einzigartig, von Grund auf für einen einzigen Patienten auf der Grundlage eines spezifischen Rezepts entwickelt.Sie werden in Chargen oder in Massenproduktion hergestellt und bedürfen keiner schriftlichen Verschreibung durch eine autorisierte Person.
PersonalisierungJede Komponente des Geräts ist auf die spezifischen Anforderungen des Patienten abgestimmt, so dass es sehr individuell ist.Bietet ein geringeres Maß an kundenspezifischer Anpassung im Vergleich zu kundenspezifisch gefertigten Geräten.
HerstellungsverfahrenAufgrund des hohen Maßes an Individualisierung ist die Herstellung häufig schwieriger.Die Herstellung ist effizienter und kostengünstiger, aber weniger individuell.
RechenschaftspflichtDer Hersteller ist allein für die Konstruktion, Sicherheit, Leistung und allgemeine Konformität des Geräts verantwortlich. 

Durch welche Anforderungen in der EU MDR unterscheiden sich Sonderanfertigungen von anderen Medizinprodukten?

Sonderanfertigungen werden nach einem ähnlichen risikobasierten Ansatz wie in der EU MDR eingestuft, der die Invasivität, die Zweckbestimmung und die Dauer der Anwendung einbezieht, wie bei anderen Medizinprodukten. Hersteller von Sonderanfertigungen müssen einen Grund für die Einstufung angeben und detailliert erläutern, warum das Produkt als CMD eingestuft wird.

Zu den wichtigsten Anforderungen gehören:

  • Sonderanfertigungen müssen von einer Erklärung gemäß Anhang XIII, Abschnitt 1 der MDR begleitet sein (MDR: Artikel 21, Absatz 2). Der zugehörige Anwender oder Patient muss durch einen Namen, ein Akronym oder einen numerischen Code identifizierbar sein (MDR: Artikel 21, Absatz 2).
  • Das Produkt und die Verpackung müssen als "Sonderanfertigung" gekennzeichnet sein (MDR: Anhang I 23.2 und 23.3).
  • Die Zuweisung oder Anbringung einer eindeutigen Produktkennzeichnung (UDI) ist nicht erforderlich (MDR: Erwägungsgründe Punkt 42, Artikel 27 Absatz 1, 3, Artikel 29 Absatz 1, 2, 4).
  • Es wird keine technische Dokumentation erstellt. Allerdings ist eine Dokumentation gemäß Anhang XIII, Abschnitt 2 erforderlich (MDR: Artikel 10, Absatz 5).
  • Die zuständigen Behörden können vom Hersteller verlangen, dass er ihnen eine Liste aller Sonderanfertigungen vorlegt, die in dem jeweiligen Gebiet in Verkehr gebracht wurden (MDR: Artikel 21, Absatz 2).
  • Der Hersteller, der Bevollmächtigte und der Importeur müssen sich nicht in dem in Artikel 30 genannten elektronischen System (EUDAMED) registrieren lassen (MDR: Artikel 30, Absatz 3; Artikel 31, Absatz 1).
  • Die PRRC muss sich auch nicht in EUDAMED registrieren lassen (MDCG 2021-3, Punkt 9).
  • Im Gegensatz zur üblichen Praxis kann bei Sonderanfertigungen die Qualifikation des PRRC durch eine zweijährige einschlägige Berufserfahrung im Fertigungsbereich nachgewiesen werden (MDR: Artikel 15, Absatz 1).

Hinweis: Besondere Überlegungen gelten für Klasse III oder implantierbare Sonderanfertigungen.

Es muss betont werden, dass Produkte, die anpassungsfähige Medizinprodukte oder auf den Patienten abgestimmte Medizinprodukte sind, nicht als CMD eingestuft werden und für das Inverkehrbringen den "Standard"-Regulierungspfad der MDR durchlaufen müssen.

Konformitätsbewertungsverfahren für Sonderanfertigungen

Gemäß den Anforderungen EU MDR müssen alle Medizinprodukte die einschlägigen allgemeinen Sicherheits- und Leistungsanforderungen von Anhang I der MDR erfüllen, um die Konformität zu gewährleisten.

  • Die Zusammenarbeit mit einer benannten Stelle im Rahmen der Konformitätsbewertung ist für die Klassen IIa und IIb nicht erforderlich (MDCG 2021-3, Punkt 9).
  • Hersteller von Sonderanfertigungen implantierbarer Produkte der Klasse III unterliegen der Konformitätsbewertung (z. B. der Überprüfung durch eine benannte Stelle). Der Hersteller kann sich für einen bestimmten Weg der Konformitätsbewertung entscheiden (Artikel 52, Absatz 8).

Pflichten der Hersteller von Sonderanfertigungen

Abgesehen von den in der EU MDR genannten Ausnahmen für Sonderanfertigungen gelten für CMD-Hersteller die gleichen Verpflichtungen wie für andere Produkte. Dies bedeutet, dass alle CMD-Hersteller ein Quality Management System (QMS) gemäß Artikel 10(9) betreiben müssen.

Die Anforderungen an das Risikomanagement, die Überwachung nach dem Inverkehrbringen und die klinische Bewertung können für Produkte mit ähnlicher Auslegung, ähnlichen Materialien und ähnlicher Zweckbestimmung und nicht für jedes einzelne CMD erfüllt werden.

Maßgefertigte Geräte, zahnmedizinische Apparate und Prothesen stellen einen bedeutenden Fortschritt in der personalisierten Medizin dar und bieten spezielle Lösungen, die die Ergebnisse für die Patienten verbessern. Diese Vorteile sind jedoch mit einer Reihe von regulatorischen und produktionstechnischen Problemen verbunden, die sorgfältig gehandhabt werden müssen, um Sicherheit und Compliance zu gewährleisten. Unsere Experten bei Freyr können Ihnen dabei helfen, alle regulatorischen Hürden mit Leichtigkeit zu überwinden.